Thursday, January 23, 2014

Träume sind Schäume

Ich wiederhole es gerne und oft: Die Nacht ist unmoralisch und wild in ihrer Natur. Und so kommt es, dass der Schlaf der Vernunft manchmal merkwürdige Blüten treibt. Einer meiner letzten Träume war so echt, dass ich zu den altgriechischen Sagen gegriffen und die Verantwortlichen dafür gesucht habe. Hypnos und Morpheus sind die Halunken, der eine für den Schlaf und der andere für den Traum zuständig. Ein äußerst erfolgreiches Vater-Sohn-Gespann, deren Zusammenarbeit von Harmonie geprägt ist. Und dabei ist mir etwas aufgefallen, meine Damen und Herren, dass dies bei den Griechen anscheinend eine seltene Sache ist. Der altgriechischen Überlieferung nach ist die nachfolgende Generation immer die verdorbenste und schlimmste von allen. Der gewöhnliche Jugendliche ist eine Plage und die Schande seiner Eltern und wenn man sich dessen Freunde betrachtet, dann ist der Untergang des Abendlandes nicht weit. Und das hat eine nicht unwichtige Rolle in meinem Traum gespielt.


Einer der bekanntesten Vertreter dieser Meinung übrigens war Sokrates, der täglich auf der Agora (vulgo: Marktplatz) abhing und Leute im angetrunkenen Zustand mit Fragen belästigt hatte. Eine von den örtlichen Weinhändlern unterstützte philosopische Feldstudie hat folgende (Selbst-) Erkenntnis für Sokrates gebracht und ist bis heute den aufrechten Pädagogen erhalten:

"Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte."

In vino veritas, denn im Spiegel erkennst du dich selber, oh mächtiger Philosoph! Hoch den Schierlingsbecher, oh Verderber der Jugend! Süße Ironie, yadda, yadda! Soweit zu den Menschen. Und die Götter? Soweit überliefert, waren die Anbahnung der Ehe, Vollzug von Schweinskram und Moral meistens - in Ermangelung eines besseren Wortes - unschön. Das Verhältnis als Folge zwischen Eltern und Nachkommen oft angespannt. Um so verwunderlicher die Eingangs erwähnte "Harmonie" zwischen dem Gott des Schlafes und seinem Sohn, dem Meister der Träume. Und letzterer schwatzt nicht, sondern arbeitet hart, um Sterbliche verwundert aufwachen zu lassen.

Laßt mich deshalb von seinem letzten Streich erzählen. Ich fand mich in Nordkorea in einem Sweatshop wieder und habe illegale Autorennen und Wetten in Europa organisiert. Ein Prachtbau aus Stahl und Beton, ein fensterloser Raum mit langen Reihen von Computertischen aus billigen Plastik, der sozialistische Charm in all seiner Pracht. Letzten Endes haben meine Kollegen und ich die schmierigen Aufseher des Militärs und deren Mätressen finanziert und warum auch nicht: Leben und leben lassen. Da ich ein Herz habe, erspare ich euch die Details des Essens aus der Kantine. Nun, das Glück sollte nicht lange währen - wie jedes Paradies gab es auch hier eine Schlange, die uns eines Tages aufsuchte. Da ich ein Narr bin, nahm ich natürlich einen guten Bissen aus der verbotenen Frucht und verliebte mich Hals über Kopf in meine blonde Sitznachbarin. Das hatte zwei Sachen zur Folge: Mein geliebtes Weib und ich schwatzten nur, wo wir arbeiten sollten und waren nicht mehr bereit am dürren Knochen der Ideologie zu nagen. Eine Schande für unseren geliebten Landesvater Kim Jong-il, was wiederum zur Vertreibung aus besagten sozialistischem Paradiese führte. Wir sind zum Ausseneinsatz nach Europa verdonnert worden und mussten die vormals von uns organisierten Autorennen direkt vor Ort beaufsichtigen. Und was soll ich sagen: Die Qualität der Unterkunft, als auch das Essen verbesserten sich ungemein. Dekadenz und Luxus, zwei mächtige Verbündete um ein liederliches Leben zu führen. Ich genoss das Leben also in vollen Zügen. Leider erwachte ich kichernd und gackernd im Bett, als ich feststellen musste, dass uns in Nordkorea ein kleines Detail verschwiegen wurde: Die illegalen Autorennen wurden ausschließlich mit Renault 4 durchgeführt. Meine Albernheit im Schlaf verhinderte also meinen Aufstieg zu einem der gefürchtesten Renault Fahrer in Europa. Und brachte so wiederholte Schande über mich und meine Nachkommen. Verdammte Griechen!





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